Hintergrund: Amok – Urgesteine der Schweizer Rechtsrockszene

Seit über zehn Jahren dominieren Amok die Schweizer Rechtsrockszene. Während diverse andere Bands über die Jahre wieder in der Versenkung verschwunden sind, ist Amok derzeit erfolgreicher als je zuvor. Doch erstmal alles auf Anfang.

2005 trat die bis dahin weitgehend unbekannte Band an einem ISD-Memorial im Kanton Wallis auf. Dabei handelte es sich um eines der grössten Neonazikonzerte in der Schweiz im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends. Durch antifaschistische Recherchen aufmerksam geworden, interessierten sich auch die Medien für diesen Anlass und das Reportagemagazin „Rundschau“ des Schweizer Fernsehens schickte gar einen Journalisten undercover in die Konzerthalle. Die Bilder, welche in der Folge ausgestrahlt wurden, führten in der Öffentlichkeit zu Entsetzen. Pöbelnde und grölende Neonazis aus der ganzen Welt propagierten den Krieg der weissen Rasse und skandierten „Sieg Heil!“. Die Erfolgsgeschichte von Amok war damit jedoch lanciert. Für die Band folgten weitere Auftritte im nahen und fernen Ausland. Der Öffentlichkeit blieb jedoch die Identität der einzelnen Mitglieder lange unbekannt. Auch als Rechtsextreme 2007 einen Anlass der Juso im Kanton Glarus angriffen, war lange unklar, wer dahintersteckt. Im selben Jahr tauchte jedoch ein Lied von Amok auf, in welchem die Band zum Mord am Schweizer Journalisten Hans Stutz aufgerufen hat. Veröffentlicht wurde das Lied auf dem ersten Album „Verbotene Wahrheit“. Die Ermittlungen der Behörden enttarnten in der Folge alle vier Bandmitglieder. Ausserdem stellte sich heraus, dass zwei davon auch schon am Angriff in Glarus beteiligt waren. Bei Hausdurchsuchungen wurden unter anderem auch illegal erworbene Waffen festgestellt.
Doch auch diese Enttarnung sollte dem Erfolg der Band keinen Abbruch tun, im Gegenteil. Im selben Jahr trat sie an einem ISD-Memorial in den Niederlanden als Überraschungsband auf und war spätestens ab da szeneintern sehr gefragt. Nach dem zweiten Album „Kraft aus dem Herzen“ kam es zu verschiedenen Wechseln in der Besetzung. Zeitweise stand gar der deutsche Neonazi Alexander Gorges, Mitglied der Band Oidoxie, für Amok am Bass. Auch wenn die Besetzung in den letzten Jahren viele Wechsel erfahren hat, so hielt ein Mitglied der Band über all die Jahre immer die Treue; Kevin Gutmann, der Sänger der Band, ist das einzige noch verbleibende Gründungsmitglied. Nach einem weiteren ISD-Memorial-Auftritt – diesmal in Ebnat-Kappel – wurde es zeitweise etwas ruhiger um die Band, da Kevin Gutmann, eine Haftstrafe verbüssen musste.
Im Frühjahr 2015 veröffentlichte Amok das dritte Album mit dem Titel „Das Lumpenpack von Bern“. Auch wenn dieses Album erstmals auch in Deutschland legal erhältlich war, sah sich die Band mit neuen Anklagen konfrontiert. Einerseits wünschte sich Amok in einem der Texte „das dritte Reich“ zurück, zum anderen gab es auch noch eine Plagiatsklage, da sich die Band für einen Titel der Melodie „An Tagen wie diesen“ der Toten Hosen bedient hatten, und die Hosen nachvollziehbar nicht viel Verständnis dafür hatten, dass ihre Musik in rechten Kreisen gespielt werden sollte.
Nebst einigen kleineren Auftritten meldete sich die Band im Herbst 2016 mit einem Knall zurück. Nebst anderen Szenegrössen, wie beispielsweise Stahlgewitter, traten sie im Oktober 2016 am „Rocktoberfest“ in Unterwasser (Kanton St. Gallen) auf. Kevin Gutmann war massgeblich in die Organisation dieses Abends involviert. Dieser Anlass sprengte alle Erwartungen; rund 5000 Neonazis aus ganz Europa pilgerten in das ländliche Toggenburg, die Behörden griffen trotz vorheriger Kenntnis über den Anlass nicht ein und so konnte der Konzertabend ohne Störung über die Bühne gehen. Einmal mehr wirkte ein Auftritt, welcher auch in den Medien einige Präsenz fand, für Amok wie ein Katalysator. In der Zwischenzeit trat die Band an mehreren (Gross)Konzerten in ganz Europa auf, so beispielsweise auch am Eichsfeldtag 2017. Die Rechtsrocker dürften sich in der Zwischenzeit an ein grosses Publikum gewöhnt haben. Nicht zuletzt beteiligte sich Amok auch an der Spendensammlung für die Angeklagten im sogenannten Ballstädt-Prozess. Überhaupt sind die Kontakte der Band nach Thüringen sehr eng.
Mitte März musste sich Kevin Gutmann erneut vor Gericht verantworten. Im Juli 2015 traf ein orthodoxer Jude in der Zürcher Gemeinde Wiedikon per Zufall auf Angehörige eines rechtsextremen Polterabends und wurde daraufhin bespuckt und beschimpft. Ihm wurde unter anderem nachgerufen, dass er nach Auschwitz deportiert würde. Mit von der Partie und wohl Rädelsführer war einmal mehr der Amok-Frontsänger Kevin Gutmann. Gutmann wurde zu zwei Jahren Haft und einer Busse verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da sein Anwalt bereits angekündigt hat, dieses weiterzuziehen.